Pressemitteilung

22. November 2007 (Magdeburg)

Resolution des Familienbundes im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen-Anhalt zum Thema ”Kindeswohl und Elternverantwortung”

Immer wieder erschüttern bestürzende Beispiele von Verwahrlosung, Missbrauch und sogar dem Tod von Kindern unsere Gesellschaft. Darüber hinaus erhält die Frage der Chancengerechtigkeit für Kinder aus sozial belasteten und bildungsfernen Schichten in gesellschaftlichen Diskussionen eine zunehmende Bedeutung.

In den politischen und gesellschaftlichen Debatten gibt es vor dem Hintergrund der geschilderten Problemlage Vorschläge zur Aufnahme spezieller Kinderrechte in die Verfassung. Diese sind einer genauen Prüfung zu unterziehen.
Insbesondere eine weitergehende Verrechtlichung der familiären Binnenverhältnisse würde aus unserer Sicht nicht der Stärkung von Kinderrechten dienen, weil diese sie in eine unerwünschte Distanz zu ihren Eltern bringt. Aus der Sicht des Familienbundes im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen-Anhalt kommt es eher darauf an, den bestehenden grundgesetzlichen Schutzauftrag in Art. 6 Grundgesetz und Artikel 11 Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt entschlossen zu erfüllen oder eine solche Verfassungsänderung vor zunehmen, durch die die Elternverantwortung zum Wohle der Kinder gestärkt und die Pflicht des Staates zur Unterstützung des elterlichen Pflege- und Erziehungsauftrags hervor gehoben wird.

Regierung und Verwaltung sind stärker in die Pflicht zu nehmen, um dem Kindeswohl zu dienen. Ein Ausbau von Hilfs- und Unterstützungsangeboten für Familien und Kinder ist nötig, genau so wie der Einsatz weiterer Finanzmittel.

Zum besseren Schutz des Kindeswohls und dem Erreichen einer größeren Chancengerechtigkeit ist ein Gesamtkonzept im Blick auf das Kindeswohl sowie Bildungs- und Entwicklungsperspektiven von Kindern notwendig. Dieses darf elterliche Erziehungsverant-
wortung nicht beschränken, sondern es muss im Gegenteil insgesamt familiäre Kompetenzen stärken. Stärkung der Elternverantwortung und besserer Schutz des Kindeswohls sind kein Gegensatz.
Der Familienbund kritisiert in diesen Zusammenhängen einen ständig wachsenden öffentlichen Rechtfertigungs-
druck auf die elterliche Erziehung und einen immer wieder vorgebrachten Generalverdacht auf den Missbrauch von Elternverantwortung.
Die meisten Eltern in unserem Land erziehen ihre Kinder verantwortungsbewusst. Die Politik ist gefordert, die Förderung der elterlichen Erziehungskompetenz stärker als bisher in den Fokus zu stellen.

Der Familienbund im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen-Anhalt fordert daher:

Das Angebot früher Hilfen ist auszubauen. Frühwarnsysteme und Frühförderansätze sind zu stärken. Familien erhalten durch sie wirksame und kostengünstige Hilfe, wie sich beispielhaft im Projekt ”Familienhebammen” im Land Sachsen-Anhalt zeigt. Notwendig ist des Weiteren die Erarbeitung eines griffigen Gesamtkonzepts, das auf einem gut ausgebauten Hilfenetz aufbaut. Bestehende Angebote der Familienbildung sind in dieses Netz stärker einzubinden und sowohl auf der Ebene des Landes wie der Kommunen finanziell besser auszustatten.

Notwendig ist die verstärkte Kooperation zwischen den Einrichtungen der Gesundheitshilfe und denen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Durch diese Vernetzung können niedrigschwellige Angebote über Schwangerschaftsberatungsstellen, Geburtskliniken, Frauen- und Kinderärzte sowie Hebammendienste Eltern besser erreichen.

Die Verpflichtung zur Wahrnehmung der Vorsorgeuntersuchungen ist zu erhöhen. Hier sind Anreizsysteme zu entwickeln, um jene Eltern zu erreichen, die ihre Kinder nicht oder nicht regelmäßig untersuchen lassen.

Für die Diskussion einer Verfassungsänderung schlagen wir für den Artikel 11 Abs. 1 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt einen neuen Satz 2 vor:
”Pflege und Erziehung der Kinder unter Achtung ihrer Persönlichkeit und ihrer wachsenden Einsichtsfähigkeit sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Sie dienen dem Wohl des Kindes und der Entfaltung seiner Rechte. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Eine solche Änderung stärkt die Beziehung von Eltern und Kindern sowie die Verpflichtung der Eltern, dem Wohl des Kindes zu dienen.”


Einstimmig beschlossen auf der Mitgliederversammlung des Familienbundes im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen-Anhalt am 22. November 2007.

 

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